Geschichten und Bilder oder die Begrenzung durch Kognitionen

Mein letzter Blogbeitrag hat an das Zitat „Geschichten helfen Kindern einzuschlafen und Erwachsenen aufzuwachen“ von Jorge Burcay angeknüpft.

Bei meiner Arbeit als Mediatorin und Coach agiere ich bei Bedarf – um zu nachhaltigen (Konflikt-) Lösungen zu kommen – nicht nur auf der ÄUSSEREN EBENE dessen, was sichtbar ist. Sie erinnern sich als regelmäßiger Leser vielleicht an das im Beitrag „2“ angeführte Eisbergmodell, wenn nicht, lohnt ein Blick zurück.

„Spielte die Musik nur auf der äußeren Ebene“, könnten wir dies kognitiv erfassen und hätten keine Mühe, zu Verhaltensänderungen und Lösungen zu kommen. Spätestens seit Erscheinen des Buches „Der kleine Prinz“ von Antoine St. Exupery wissen wir jedoch

„Das wesentliche ist für das Auge unsichtbar“.

In dieser Aussage liegt eine tiefe Wahrheit begründet, eine Wahrheit, welche auch wissenschaftlich belegt ist. Und ich halte es für keinen Zufall, dass das Erscheinungsdatum (1943) zeitlich eng verknüpft mit den Quantensprüngen der physikalischen Erkenntnisse einhergeht. Diese Geschichte empfinde ich als ein großes Geschenk an die Menschheit – nicht umsonst ein Klassiker.

Was heißt dies nur für meine Arbeit mit den Klienten?

Beim „Tiefseetauchen“ begeben wir uns auf die individuelle INNERE EBENE der Gefühle, der ureigenen Erlebnisse, Wahrheiten, Werte und Bedürfnisse – all dies, ist bekanntlich auch nicht sichtbar!

Wenn wir unsere wertvollen kognitiven Kompetenzen primär der äußeren Ebene zuordnen, wird schnell klar, warum deren Einsatz auf der inneren Ebene zueilen nur bedingt weiterführend sein kann. Dies würde bildlich dem entsprechen, das der bei einer EDV-Störung herbeigerufene Servicetechniker mit Hammer und Meißel zum Einsatz ausrückt. Nachvollziehbar?

Hierzu bedarf es ergänzender Werkzeuge, z.B. einer symbolhaften Sprache und Bildern, welche im Inneren zu berühren vermögen. In der Arbeit ist immer wieder deutlich spürbar, dass es – wenn es die „besonderen Momente des inneren Berührt-Werdens gibt“ – und der Schutzwall bröckelt, im Inneren und Äußeren deutlich voran geht. Dass dieser Schutzwall gegen Bedrohung und Verletzungen errichtet wurde, hatte aus der damaligen Perspektive fast immer gute und nachvollziehbare Gründe. Dessen „Bauzeit“ liegt zumeist in der Kindheit begründet, da sich die größten emotionalen Schritte eines Kindes in den ersten sechs Lebensjahren vollziehen.

Fakt ist, dass uns die negativen Erinnerungen auf der genialen Speicherplatte unseres Gehirn erhalten bleiben…geraten wir in Bedrängnis, greift unser System flux auf die uralten emotionalen Erfahrungen zurück. Das einer der Gründe, warum Konfliktbeteiligte zuweilen in den Ausnahmezustand geraten/Rot sehen/die Selbstkontrolle verlieren. Das eigene Verhalten ruft oftmals in der rückwärtigen Betrachtung Unverständnis und Scham hervor – da hatte wohl das Unbewusste die Regie übernommen. Ganz schön fies nicht wahr? Klar ist: das damals erlernte dient uns nicht mehr, sondern ist zu einer Belastung und Begrenzung geworden. Schließlich möchten wir ja selbstgesteuert agieren – es gibt also treffliche Gründe, sich davon uns zu verabschieden!

Auf dem Weg dahin können uns Geschichten unterstützen, eine ihrer hohen Qualitäten ist die Hervorrufung von Bildern – eine der Sprachformen des Unbewussten.

Wenn sich wohlvertraute Konfliktparteien die Aussage „lass mich mit den alten Geschichten“ an den Kopf werfen, kann mir dies einen Hinweis geben, dass wir uns auf der Ebene der s.g. primären Emotionen bewegen.

Viel Vergnügen beim Erinnern, hören und lesen

It´s simple but not easy – herzlich Ihre

 

Christa G. Kober

 

Anmerkung: Es gibt einen engen Zusammenhang/ein Wechselspiel zwischen Kognitionen und Emotionen – dies habe ich hier bewusst außen vor gelassen, um das Thema fassbarer zu machen.