„So etwas macht man nicht“

Geht es Ihnen wie mir, und der Satz ist in den letzten Wochen (mal wieder) verstärkt an Ihr Ohr geschlagen!?

Wenn ich dies stimmig wahrgenommen habe, waren der – aktuelle – Auslöser die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Martin Winterkorn. Auf diese Causa brauchen wir uns aber gar nicht zu kaprizieren. Leider gibt es in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen hinreichend negative Beispiele. Selbst straffällig zu werden ist heute anscheinend weder im Sport noch in der Politik Grund für ein Karriereende.

Und ja, ich finde es klasse und nötig, dass die Frage an mich als die Beraterin von Unternehmern und Führungskräften (im Mittelstand) herangetragen wird.

Zum Glück gibt es in einem großen Teil der Bevölkerung einen noch funktionierenden gesunden Menschenverstand, der sich diesem Ausruf anschließt – dies vielleicht aber aus Resignation oder Bequemlichkeit viel zu leise. In diesem Kontext kam mir der Essay „Empört Euch“ von Stéphane Hessel in den Sinn. 2010 publiziert wurde dieser auch in Deutschland zu einem Bestseller. „Gelesen und abgelegt“ – oder habe ich da etwas an einer „Welle der Empörung“ verpasst?

Fakt ist, dass solche Vorkommnisse das Vertrauen in Führungskräfte, Unternehmer und in die Wirtschaft schwächen. Denn fatalerweise trifft der generalisierende Vertrauensverlust eben auch Menschen und Organisationen, welche tagtäglich hoch engagiert, verantwortungsvoll und legal ihren Aufgaben nachgehen!

So fühlt sich mancher meiner Kunden persönlich von diesem Klima der pauschalen Abwertungen belastet. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass sich diese Personen in ihrem beruflichen Alltag an einem hohen Anspruch einer Verantwortungsethik orientieren.

Wenn wir uns in unseren Trainings auf Spurensuche dessen begeben, was Verantwortung heißt, dann ist damit z.B. auch eine Annäherung an das ganz individuelle Menschenbild verbunden. Wer wollen wir sein, wie leben – hieraus gilt es den ureigenen roten Faden zu entwickeln, den Kompass zu justieren. Dies mit dem Ziel, hieraus klare Handlungsimpulse ableiten zu können und diese auch konsequent umzusetzen. Denn nur an unseren Taten werden wir richtigerweise gemessen (Ankündigungen in die Welt zu setzen, darf gerne anderen überlassen werden).

Den Prozess der inneren Ausrichtung, die Schärfung des Blickes auf die eigene Persönlichkeit sehe ich als “work in process“. Was einmal erarbeitet und errungen wurde, gilt fortan als Basis einer steten Weiterentwicklung und Festigung. Die beständige Reflektion, der Abgleich mit den klar definierten Werten kann so „zu einem Teil von uns werden“. Dies ist eine hohe Ressource für Menschen mit Führungsaufgaben und hilft ihnen voranzukommen.

So aufgestellt, haben Sie einen definierten Handlungsrahmen dessen, was im täglichen betrieblichen Alltag angemessen ist. Und Sie können darauf vertrauen, dass die „Rote Lampe“ dessen „was man nicht macht“ zuverlässig funktioniert. Ich spreche hier von Instinktsicherheit.

Klarstellend möchte ich erwähnen, dass wir hier nicht über dramatisches bzw. unmoralisches Fehlverhalten reden. Es sind oft die berühmten Kleinigkeiten, die die Grenze des Anstandes überschreiten.

Solch ein Erlebnis hatte ich neulich, als ich gegenüber einem Vertreter einer Institution erklären sollte, warum mein Kunde in einem schwachen Wirtschaftsjahr nicht zu Entlassungen gegriffen hat, sondern den Liquiditätsengpass mit Privateinlagen überbrückt hat. Eine diesbezügliche Erklärung bzw. Rechtfertigung habe ich – mit Verweis auf unterschiedliche Wertordnungen – abgelehnt. Der gute Mann hätte nicht verstanden, wovon ich rede….

Da gibt es noch ein spannendes Phänomen bei dem „So etwas macht man nicht“. Interessanterweise fällt diese Aussage immer im Kontext mit den anderen – oder haben Sie damit andere Erfahrungen? Was ich für unabdingbar erachte, ist ein ehrlicher Abgleich mit dem eigenen inneren Wertesystem. Erlaube ich mir etwas, was ich anderen nicht zugestehe – dann wäre dies zum einen eine Anmaßung und zum anderen Ausdruck dessen, dass es ein persönliches Kongruenzthema gibt. Dann wäre es spannend darüber nachzudenken, ob eine Arbeit an sich selbst nicht hilfreich sein könnte.

Abschließend möchte ich Stéphane Hessel zitieren: „Neues schaffen heißt, Widerstand leisten, Widerstand leisten heißt, Neues schaffen“.

 

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It’s simple but (sometimes) not easy – herzlich Ihre

Christa G. Kober