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Der Mythos Narzissmus – Teil II
Es tut mir leid, dass Teil II nun doch später veröffentlicht wird als geplant. Den Beitrag hatte ich schon vor zwei Wochen abgeschlossen – leider haben sich Diebe meines Laptoprucksackes bemächtigt, da war und ist ganz viel „einfach weg“.
Ich hatte im letzten Beitrag die zwei Ebenen
- Umgang des Narzissten mit seinem Thema
und
- Umgang des Umfeldes mit Narzissten
angesprochen.
Lassen Sie uns mit dem Narzissten selbst starten:
Vorneweg der Hinweis: Das Nachstehende nimmt eine pathologische narzisstische Persönlichkeits-störung ausdrücklich aus!
Wie immer, wenn eine (Ver-)Änderung ansteht, braucht es
- einen spürbaren Leidensdruck
- die Einsicht, dass es da ein Problem gibt
- die klare Entscheidung „ich möchte etwas verändern“
- den deutlichen Handlungsimpuls, um sich auf den Weg zu machen.
Den Anstoß hierzu gibt meist das soziale Umfeld, welches mit dem narzisstischen Verhalten nicht zurechtkommt, bzw. dies nicht (mehr) akzeptiert – dies führt zu zunehmenden Auseinandersetzungen und Einsamkeit.
Auf der psychologischen Ebene steht hinter einem narzisstischen Verhalten häufig ein Mensch, welcher nur über ein schwaches Selbstbewusstsein verfügt. So geht es immer darum, dieses zu entwickeln und zu fördern.
Wer sich des eigenen Wertes bewusst ist, muss sich keiner Verhaltensweisen bedienen, welche andere entwertet, um sich selbst zu stabilisieren. Dies ist ein fataler und verletzender Mechanismus.
Als Coach sehe ich die nachstehend aufgeführten Erfordernisse und Notwendigkeiten, um den narzisstischen Verhaltensstrukturen zu entkommen bzw. diese abzumildern. Die Basis, um in das gemeinsame Training zu gehen, ist eine compliance. Inhaltlich konzentriert sich das Training auf folgende Schwerpunkte:
- Erhöhung der Reflexionsfähigkeit, um den kausalen Zusammenhang „eigenes Verhalten versus Reaktionen des Umfeldes“ nachvollziehbar zu machen
- Förderung der Empathie – diese ist „die Schlüsselkompetenz“. Wer es nicht vermag, die Emotionen seines Gegenübers wahrzunehmen, hat keine Chance, angemessen reagieren zu können.
- Der Wahrnehmung der Emotionen bei anderen geht die Schulung der Selbstwahrnehmung Solange die eigenen Emotionen nicht wahrgenommen werden können und spürbar sind (hier haben wir ihn wieder, den Blick in den Spiegel) ist eine Fremdwahrnehmung schlichtweg nicht möglich
- Dabei zeigen sich auch schmerzhafte Gefühle – es gilt zu lernen, diese auszuhalten. Anmerkung: Ich verzichte bewusst auf die Klassifizierung in „gute bzw. schlechte Gefühle“. Immer dann, wenn wir in die Bewertung gehen, verschärfen wir die Problematik, erschweren den Umgang damit
- Die Bedeutung von Sprache/Worten deutlich machen. Dies im Sinne von Marshall B. Rosenberg, welcher das Konzept einer gewaltfreien Kommunikation entwickelt hat.
Ohne Frage, gibt es hier viel zu tun – wer den Weg aber geht, wird reich belohnt!
Die Umgebung des Narzissten:
Um auf Belastungen und Übergriffe von außen zu reagieren, sehe ich als grundsätzliche Reaktions-möglichkeiten die „3 fff´s“. Also, flee, fight or freeze.
Selbstverständlich habe ich nicht immer (einfach) die Option „zu fliehen“, mich für den Beziehungsabbruch zu entscheiden. Dies vor allem nicht in persönlichen und intimen Beziehungen. Den Check, um frühzeitig zu realisieren, dass ich einen Narzissten date, macht bzw. kann nicht jeder machen. Dies vor allem nicht in der 1. Phase des Verliebt-Seins.
In beruflichen Kontexten stellt sich dies oftmals einfacher dar, durch Kündigung und Weggang kann ich mich entziehen. Ob dies klug ist und meinem Fortkommen dient, gilt es im Vorfeld genau zu analysieren. Tut es mir gut, ggf. mit einem Gefühl des Scheiterns zu gehen, oder profitiere ich dadurch, dass ich die Situation bewältige!?
Was der Umgang mit narzisstischem Verhalten erfordert, ist aus meiner Erfahrung:
- Erkennen, was die Ursache für das Verhalten ist – erst wenn dies identifiziert werden kann, kann ich sagen „ich bin o.k.“, es ist nicht mein Problem, ich lasse es bei dem anderen.
- Ich nenne es „den Scanner installieren“. Wer (noch nicht) in der Lage ist, reflektiert und empathisch zu reagieren, agiert oft rücksichtslos. Dies präsent zu haben, schützt mich vor Ohnmachtsgefühlen als auch einem eigenem reflexartigen negativem Verhalten des „Zurückschlagens“
- Mein Scanner weiß auch um die Hintergründe der Sucht nach Profilierung
- Realisieren, dass das Denken und Handeln des Narzissten i.d.R. von „black or white“ gekennzeichnet ist – die vielfältigen Farbzwischentöne können nicht wahrgenommen werden. Sich der Polarisierung widersetzen
- Sich in der Selbstbehauptung zu üben. D.h., unbedingt für meine eigenen Belange einzutreten (was natürlich voraussetzt, dass ich diese im eigenen Reflexionsprozess identifiziert habe)
- Mich abzugrenzen, d.h. auch immer wieder zu fragen wessen Thema dies eigentlich ist. Hier gilt es auch, gerade dem Charme des Narzissten nicht zu erliegen
- Dem Narzissten immer wieder den Spiegel vorhalten. Im beruflichen Kontext (vor allem bei Vorgesetzen) erfordert dies eine sehr klare Strategie um die eigenen Position nicht zu gefährden
- In der Kommunikation sehr klar zwischen Sach- und Personenebene zu differenzieren
- Und ja, es ist erlaubt und notwendig, immer wieder an die Empathie zu appellieren und das persönliche Befinden zu kommunizieren
- Verletzungen durch Entwertung sind unbedingt zurückzuweisen.
Und wenn ich erkenne, dass das Verhalten gezielt manipulativ ist: Nichts wie weg! Die Hoffnung das Gegenüber möge sich ändern, ist (zumeist) eine Illusion.
Als „freeze-Modus“ bezeichne ich die Erstarrung des Aushaltens, im schlimmsten Fall sogar das Dissoziieren. Dies wäre ein selbstschädigendes Verhalten. Niemand, absolut niemand darf Macht über uns haben!
Also schauen Sie genau hin, mit wem und was Sie es zu tun haben. Und dann handeln Sie!
It´s simple but (sometimes) not easy – herzlich Ihre
Christa G. Kober