Ich bin dann mal weg…
Wahrscheinlich verbinden auch Sie damit die Aussage von Hape Kerkeling, der sich mit dieser Ansage auf den Jakobsweg begeben hat. Das ist die helle Seite dessen, sich „raus zu nehmen“, um zu regenerieren, neue Impulse zu sammeln, den Blickwinkel zu verändern, um in neue Gestaltungsprozesse eintreten zu können.
Wie alles, hat diese Aussage aber auch eine dunkle Seite. Das ist die, durch Krankheit oder sogar Tod den angestammten Platz nur eingeschränkt oder (eine Zeit lang) nicht mehr ausfüllen zu können.
Etwas woran zu denken wir nur unwillig bereit sind. Ich sehe es auf der beruflichen Ebene daher als meine Aufgabe an, mit den Kunden immer mal wieder in die Übung zu gehen „was, wenn Sie morgen ins Koma fallen“!? Wie würden Sie bei einem Erwachen nach ein paar Wochen/Monaten
- ihr Unternehmen vorfinden – wird dies pleite sein, oder hat es sich gut behauptet
- welcher Mitarbeiter hat – angstvoll – das sinkende Schiff verlassen
- welche Ihrer Mitarbeiter sind zu ungeahnter Höchstform aufgelaufen – bewältigen Aufgaben, die Sie Ihnen nie zugetraut hätten.
Neulich „durfte ich selbst mal wieder üben“ – dies nach einem Kreislaufkollaps verbunden mit einem heftigen Sturz mit ein paar unschönen Verletzungen. Dies bot mir Gelegenheit zu fragen, ob ich – was nötige und mögliche Vorkehrungen bei einem Ausfall anbelangt – gut aufgestellt bin. Es war prima, dies positiv bejahen zu können.
Was begegnet mir, wenn ich das Thema eines möglichen Ausfalls bei meinen Kunden anspreche?
Immer dann bewegen wir uns im Spannungsfeld Kontrolle vs. Vertrauen. Das Gefühl, alles unter Kontrolle haben zu müssen, verlangt einem viel ab, erzeugt ständigen Druck selbst funktionieren zu müssen, was zu einem Gefühl der Überforderung führt. Daneben wird das Kopf-Kino mit negativen Szenarien befeuert und erfordert (anscheinend) eine ständige persönliche Präsenz im Unternehmen. In Summe ein sehr angestrengtes Arbeiten – weit weg von dem, dass Führungskräfte die Freiheit benötigen, um gestalten zu können.
Verständlicherweise hat Kontrolle immer mit der Angst/der Sorge zu tun, dass die Mitarbeiter nicht in meinem Sinne agieren (können). Unstreitig haben wir es auch damit zu tun, dass der Inhaber der einzige Berufsträger und insofern nicht einfach ersatzbar ist, dass der Chef s.g. Vorbehaltsaufgaben hat, die nicht 1:1 übertragen werden können usw. Aber wenn ich als Führungskraft meine, „die wissen nicht, worum es mir wirklich geht“, dann habe ICH wahrlich etwas versäumt, meine Unternehmensphilosophie nicht klar genug entwickelt und/oder kommuniziert. Es könnte auch sein, ich lebe sie nicht, und kann somit nicht als kongruente Führungskraft wahrgenommen werden.
Training in Vertrauen
Herauszufinden, was daran hindert zu vertrauen, ähnelt zuweilen einer „kleinen Jagd“. Immer gilt es Erlebnisse und Erfahrungen zu identifizieren, die mich enttäuscht haben. Hieraus wird häufig unbewusst gefolgert, dass Selbermachen der einzige Schutz vor Enttäuschung ist. Eine Bewältigungsstrategie, die – vermutlich früh gelernt – erwachsenen Menschen nicht mehr dient. Die Aufgabe heißt also ein neues/fortlaufendes Script zu schreiben, um den jeweiligen Anforderungen gerecht werden zu können.
Jenseits dessen, dass Selbermachen anstrengend ist, hindert es auch definitiv am Wachstum. Sowohl die Führung eines prosperierenden Unternehmens als auch jegliche Karriere in einer zunehmend komplexen Organisation, erfordern zwingend und zunehmend die Fähigkeit zur Delegation.
Gefällt Ihnen dies, ist das ein erstrebenswerter Zustand!
Super, nicht alles alleine bewältigen zu müssen, das fühlt sich doch erleichternd an, oder?
Nachdem die inneren Saboteure verabschiedet wurden, kann konkret ein Prozess geplant und aufgesetzt werden, welcher Ihnen die notwendigen Freiräume verschafft, um sich den originären Führungsthemen zuzuwenden.
Dieses Vorgehen entlastet nicht nur Sie, sondern bietet Ihnen überhaupt erst die Chance, dass die wirklich guten Mitarbeiter Interesse haben, für Sie und mit Ihnen zu arbeiten. Nur ein Chef der seinen Mitarbeitern viel zutraut, motiviert und bietet Raum, das ureigene Potential zu entfalten. Auf dieser Basis kann gegenseitige Loyalität entstehen.
Damit Sie geplant und mit guten Gefühl ankündigen können „ich bin dann mal weg…“
Im Sinne eines „It`s simple but not easy“ grüßt Sie herzlich Ihre
Christa G. Kober